Vorbilder gelingender Digitalisierung
Auf wen sollte Deutschland schauen, wenn es um die Gestaltung der Digitalisierung geht? Auf die USA und China mit ihren Großkonzernen und riesigen Märkten? Oder eher auf andere europäische Länder?
Im Prozess von #gutlebendigital haben wir einige Indikatoren gefunden, die das abbilden können, was den Menschen im digitalen Zeitalter wichtig ist. Diese Indikatoren deuten darauf hin, dass in Europa vieles richtig gut gelingt. Immer wieder sind es die skandinavischen Länder, die Niederlande und die Schweiz, die in internationalen Vergleichen vorne liegen – wie fast immer, wenn es um Lebensqualitätsthemen geht (vgl. Die Glückliche Variante des Kapitalismus).
Das beginnt mit dem wohlbekannten Indikator zur Infrastruktur, der Nutzung von Breitbandanschlüssen. Knapp hinter dem führenden Korea mit seinen 99,5% Durchdringung im Jahr 2018 kommen schon die Niederlande mit 97,4%. Deutschland liegt mit gut 90% deutlich zurück, aber noch vor dem vielgepriesenen Estland und weit vor den USA (erste Grafik).
Auch die digitalen Kenntnisse der Bürger sind in den skandinavischen Ländern besonders hoch (zweite Grafik). Deutschland liegt hier im europäischen Mittelfeld mit erheblichem Aufholpotential. Werte für die USA oder China bietet Eurostat nicht, die Vermutung liegt aber nahe, dass beide im Durchschnitt nicht zu den besten Ländern gehören.
Weiter geht es mit der tatsächlichen Nutzung von online-Diensten, die für Lebensqualität besonders wichtig sind. Die Skandinavier und die Briten liegen in der Nutzung von online-Kursen vorne. Da helfen ihnen vermutlich ihre guten Englischkenntnisse. Die Deutschen hängen hier noch deutlich zurück. Ähnlich sieht es aus, wenn Menschen gefragt werden, ob sie online-Partizipationsmöglichkeiten zu politischen Themen nutzen. Noch deutlicher fällt der Abstand zu den führenden Ländern in der Nutzung von online-Gesundheitsdienstleistungen aus (dritte Grafik). Immerhin ist in diesem Feld in Deutschland in den letzten Monaten einiges in Bewegung gekommen.
Nicht in dieses Schema der glücklichen, fortschrittlichen Länder passen die Indikatoren zu den Sicherheitsvorfällen im digitalen Raum und zum Elektroschrott. In Deutschland waren 2015 „nur“ 15% der Menschen von einem Sicherheitsvorfall betroffen. Mehr als in den Niederlanden (9%), aber deutlich weniger als in Dänemark oder Estland. Mit 23 Kilogramm Elektroschrott verursachten die Deutschen 2016 pro Einwohner zwar weniger Müll als einige Skandinavier, aber 10 Kilo mehr als die Koreaner.
Bei jedem dieser Indikatoren besteht in Deutschland erheblicher Handlungsbedarf. In der Regel sind Politik, Unternehmen, Zivilgesellschaft und jeder Einzelne gefragt, damit die Digitalisierung wegweisend gestaltet werden kann. Ein Blick in die Nachbarländer zeigt, dass dies nicht unmöglich ist.
Auf den Themenseiten von #gutlebendigital finden sich Ideen für weitere Indikatoren, Handlungsempfehlungen und konkrete Projekte für eine bessere Zukunft im digitalen Zeitalter. Dort gibt es auch weitere Grafiken und die Quellen zu allen Indikatoren. Über zusätzliche Vorschläge und Anregungen freuen wir uns immer.
Die vier
Kernaussagen
Soziologie der Digitalisierung
Im Buch „4.0 oder die Lücke die der Rechner lässt“ des Soziologen Dirk Baecker finden sich viele Bezüge zu den Ergebnissen aus #gutlebendigital
Besser leben auf dem Digital-Gipfel
Der Digital-Gipfel sollte stärker auf die Bedürfnisse der Menschen und deren Lebensqualität eingehen. Welchen Beitrag kann die Digitalisierung zur Verbesserung leisten?