Digitalisierung und Gemeinwohl
Im Blogbeitrag zur digitalsozialen Marktwirtschaft hatte ich darauf verwiesen, dass wichtige Grundideen der Sozialen Marktwirtschaft auch im digitalen Zeitalter gelten sollten. Dazu gehört die positive Wirkung von Unternehmen auf das Gemeinwohl. Und im Blogbeitrag zu menschlichen Bedürfnissen hatte ich dieses Gemeinwohl aus Sicht der einzelnen Menschen diskutiert. Aber lässt sich auch messen, ob Unternehmen einen Beitrag zum Gemeinwohl und damit zu Lebensqualität leisten? Ja, über die subjektiven Einschätzungen der Menschen. Im Gemeinwohlatlas für Deutschland wurden 2015 knapp 8.000 repräsentativ ausgewählte Personen befragt, wie stark 127 Organisationen die Grundbedürfnisse nach Orientierung und Kontrolle (Aufgabenerfüllung), nach positiven Beziehungen (Zusammenhalt), nach Lustgewinn und Unlustvermeidung (hier „Lebensqualität“ genannt), sowie nach Selbstwerterhalt und -steigerung (Moral) erfüllen. Diese durften auf einer Skala von 1 bis 6 bewertet werden. Ein Ausschnitt aus den Ergebnissen ist in der Grafik dargestellt.
Die Traumwerte von staatlichen oder gemeinnützigen Organisationen wie Feuerwehr, THW usw. auf den vorderen Plätzen lassen sich von privaten Unternehmen wohl kaum erreichen. Aber auf Platz 29 kommt mit den dm-Drogerien bereits ein privates Unternehmen. Mit Microsoft, SAP und der Deutschen Telekom finden sich drei große Digitalkonzerne im soliden Mittelfeld der 127 Organisationen. Ihnen wird vor allem eine gute Aufgabenerfüllung attestiert.
Die vier großen US-amerikanischen Digitalkonzerne, die momentan in aller Munde sind, werden von den Menschen in Deutschland eher skeptisch betrachtet. Apple auf Platz 84 weist sehr gute Werte für die Aufgabenerfüllung aus, aber deutliche Abzüge beim Zusammenhalt. Google und Amazon zeigen aus Sicht der Menschen einige Schwächen in den Bereichen Moral und Zusammenhalt. Facebook auf dem drittletzten Platz wird vor allem ein geringer Beitrag zu Selbstwerterhalt und -steigerung (Moral) attestiert. Ähnliche Einschätzungen liefert auch der jüngst zum zweiten Mal erhobene Gemeinwohlatlas für die Schweiz.
Die Hoffnung ist nun, dass sich die eher schlecht bewerteten Unternehmen intensiv Gedanken darüber machen, wie sie ihren Gemeinwohlbeitrag durch Veränderungen im Kerngeschäft steigern können. Ein wichtiges Werkzeug könnten hierzu breit angelegte, inhaltlich offene Dialogprozesse sein – der Ansatz von #gutlebendigital. Sollte diesen Organisationen mittelfristig kein fundierter Reputationsgewinn gelingen, so sehen sie sich mehreren Gefahren ausgesetzt: Einerseits könnten Kunden und/oder Mitarbeiter zu Wettbewerbern wechseln, deren Angebote einen höheren Gemeinwohlbeitrag versprechen. Andererseits könnte die Bevölkerung Druck auf Politik und Regulierungsbehörden ausüben, damit diese die Rahmenbedingungen sinnvoll ändern.
Um die Digitalisierung so zu gestalten, dass sie sich möglichst positiv auf Lebensqualität und Gemeinwohl auswirkt, sind viele Akteure gefragt. Der Gemeinwohlatlas wirft ein Schlaglicht auf besonderen Handlungsbedarf in etablierten Organisationen. Der grundsätzliche Zugang über menschliche und gesellschaftliche Bedarfe kann aber auch für Neugründungen genutzt werden.
Die vier
Kernaussagen
Toronto – Darmstadt – Frankfurt: Weichenstellungen der Digitalisierung
Entscheidet sich die Zukunft der Digitalisierung in der Stadt? Die Bedeutung gesellschaftlicher Entscheidungsfindungsprozesse.
Digitalisierung für Selbstbestimmung und Verantwortung
Neue Indikatoren erfassen den Einfluss der Digitalisierung auf Selbstbestimmung, Verantwortung, Vielfalt, Entlastung, und Zusammenhalt.